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Spanien · Vanlifetraum in meinem Lieblingsland


Gefahrene Kilometer: 6'847 km (davon 900 km in Korsika und 1'287 km in Südfrankreich)

Reisezeitraum: 26. August - 18. September 2022


*Die Preisangaben für die Campingplätze gelten für 2 Personen + 1 Van inkl. Taxen (inkl. Strom wenn Stromzeichen neben Symbol steht).


Campingstart entlang der Costa Brava

Fluchtartig verlassen wir unseren Stellplatz in der Camargue. Der Grund: Mückenschwärme, wie wir sie noch nie erlebt haben! Uns passt der frühe Aufbruch grad, denn heute geht es früher als erwartet in unser beider Lieblingsland: Spanien! Hibbelig blicken wir immer wieder aufs Navi und zählen die Kilometer bis an die Grenze. Ein Schild kündigt das neue Land an. Kein Grenzposten, kein Zoll. Gefühlt unbemerkt befinden wir uns plötzlich auf spanischen Strassen. Erst ist es der Reggaeton, der lautstark aus unserem Auto dröhnt. Dann wechseln die Strassenschilder ins Spanische und langsam verändert sich auch die Landschaft. Wir sind da! In meinem Roadtrip-Wunschland Nr. 1. Vielleicht liegt es an uns, vielleicht aber wirklich an Spanien, aber uns scheint, der Vibe verändert sich ab dem ersten Dorf. Die spanische Lebensfreude weht durch die Strassen und die Sprache klingt wohlig in unseren Ohren. Leider kommt bald der erste Dämpfer. Über unsere neue Lieblingsapp Park4Night suchen wir ein Plätzchen in Strandnähe. In Calella de Palafrugell dann der Preisschock: 64€ verlangt der Campingplatz pro Nacht für 2 Personen mit Van! Erst meinen wir uns verhört zu haben, doch Philipps mittlerweile guten Spanischkenntnisse haben uns nicht getäuscht. Wir verzichten und probieren es beim nächsten Camping. 54€, na das klingt schon besser und wir möchten gleich 2 Nächte bleiben, um uns von der langen Fahrt zu erholen. Doch der Preis gilt für 1 Nacht! Erneut sagen wir schockiert ab. Das sprengt unsere Budget-Schmerzgrenze gewaltig. Uns wird bewusst, dass wir uns mitten in der Touristenhochburg, an der Costa Brava befinden – und das in der Hochsaison. Kein Wunder also. Doch einen solchen Preis für Familienüberfüllte Plätze zu bezahlen, wo wir doch eher die Ruhe suchen und uns auch ein einfacher Stellplatz mit einem einfachen Duschräumchen reicht... Allerdings ist unsere Route bis Barcelona gegeben, da ich noch einen Termin für das Defensio meiner Bachelorarbeit wahrnehmen muss und deshalb Ende Monat von Barcelona aus zurück in die Schweiz fliege, während Philipp in Spanien wartet. In Tamariu ergeben wir uns der Müdigkeit halber den teuren Preisen und verbringen eine Nacht in dem niedlichen Ort mit wunderschöner Bucht.


Am Folgetag entdecken wir in Palamos unsere Art des Campings für die Costa Brava. Es gibt sogenannte Servicebereiche für Wohnmobile. Dabei handelt es sich um einfache Parkplätze, die umzäunt und überwacht sind und nebst WC- und Duschräumen auch Frischwasser und Abwasserentsorgungsplätze anbieten. Zusätzlich gibt es gutes W-Lan, das mit dem Strom meist inklusive ist. Die Lage ist nicht idyllisch, jedoch super zentral und vor allem der Preis Budgetbesänftigend. Zu Fuss geht es an den Strand, wo wir beim Schnorcheln eine Art Flunder und eine mini Qualle entdecken. In der Beachbar scheint jemand Geburtstag zu haben und ein Päärchen beginnt zum für Spanien ultra typisch übertriebenen Remix einer Reggaeton Geburtstagsversion zu tanzen.

* 1€ für die Dusche nötig, 4-5 Ein-Euromünzen pro Wäsche


Erinnerungen an schwingende Hüften weckt unser Abstecher nach Lloret de Mar, wo Philipp mit 16 und ich mit 19 Jahren einmaligen Jugend-Partyurlaub verbracht haben. Mit meinen 19 gehörte ich da schon eher zur älteren Fraktion und unter lautem Kichern müssen wir unsere mittlerweile noch älteren Daseins gegenseitig von dummen Ideen einer Comeback-Partynacht abhalten. Wir lassen es uns jedoch nicht nehmen, noch einmal die "Beste Pizza meines Lebens" zu kosten. Einmal Pizza Slice à la Lloret! Als die Bedienung das gummige Teil in der Vitrine mit einer Schere (!) abtrennt wird mir schon klar, diese Pizza schmeckt wohl nur nach einer durchzechten Nacht gut. Der guten Zeiten wegen musste das sein und mit dem Teigklumpen im Magen, flätzen wir uns an den Strand des Playa Santa Cristina.

Philipps Ausgangslaune wird auch am Abend nicht geringer. Das hat man wohl davon, wenn man sich einen Jüngeren angelt ;P. In Vilassar de Mar findet vor der Strandpromenade, die schrägerweise durch ein Bahngleis von den Touristenstädtchen entlang der Costa Brava abgetrennt ist, eine Kirmes statt. Unsere Sinne werden aufgedreht ab den hektischen Lichtern der Bahnen, der lauten Musik und den verlockenden Düften von allerlei ungesundem Essen, das man von einer "Chilbi" kennt. Obwohl wir uns dem Süden entgegensehen, lassen wir uns ein auf das Ferientreiben an der Costa Brava, bis wir für kurze Zeit in Barcelona Abschied voneinander und unserem Büsli nehmen, das sicher im Flughafen-Parking platziert wird.

* Online reserviert und Code für das Tor erhalten.



Barcelona, unsere Lieblingsstadt

Es ist geschafft! Nach 3 Jahren habe ich meinen Bachelor in der Tasche! Unglaublich erlöst von dem Druck des letzten halben Jahres reise ich mit Verstärkung zurück nach Spanien. Meine besten Freundinnen Viktoria und Fabienne, die zeitgleich abgeschlossen haben, kommen zum Feiern übers Wochenende nach Barcelona. Zu viert haben wir uns ein 6er Dorm im Unite Hostel Barcelona an zentraler Lage zur Ausgangsmeile gebucht. Mit dem Clubleben wird es zwar nichts. Eins hat sich mit dem älter werden halt wirklich geändert. Wenn der Mood gerade passt, kann es auch einfach beim gemütlichen Beisammensein in einer Bar bleiben, oder bei einer Flasche Wein auf einer Parkbank. Unseren Abschluss feiern wir bei leckerem Sangria, verköstigen hier und da Tapas, schlendern durch die Strassen Barcelonas oder tapsen Philipp zur U-Bahn hinterher.

Zwei Hauptattraktionen wollte ich unbedingt besuchen. Eine davon ist der berühmte Gaudi-Park. Gegen meine Erwartung hin bezahlt man Eintritt, um die Parkanlage zu betreten. Obschon mehr als überlaufen, lohnt sich der Besuch und ich bin begeistert ab den kunstvollen Mosaikverzierungen, die dem Park seinen bunten Touch verleihen.

Das Wahrzeichen Nummer 1 und etwas das man einfach gesehen haben muss bei einem Städtetrip nach Barcelona ist natürlich die Sagrada Familia. Imposant ragt sie vor mir hoch, viel höher als erwartet. Eine Dauerbaustelle, die sich seit über 100 Jahren im Aufbau befindet. Während man vor einigen Jahren noch Stundenlang in der Schlange für ein Ticket anstehen musste, wird dies heute bequem online gelöst und durch den zugeteilten Timeslot verkürzt sich die Wartezeit enorm.

Eindrücklich ist die Kirche von aussen, doch was drinnen wartet, ist nochmals ein anderes Level! Der Blick in die Höhe lässt einen die zahlreichen Besucher zumindest ansatzweise ausblenden und zeigt die wahre Schönheit der Sagrada Familia. Das Licht bricht durch die riesigen Fenster und offenbart auf der einen Seite die Blautöne und auf der gegenüberliegenden Seite die flammenden Farben der verzierten Kirchenfenster. Ein traumhaftes Schauspiel, das in Kombination mit der komplexen Architektur die Sagrada Familia für mich zur schönsten Kirche der Welt macht.

Unite Hostel Barcelona: 33€ p.N. Ensuite (Bad und WC inkl., mixed 6-bed Dorm)


Valencia, Konkurrenz für Barcelona

Nach einer viel zu kurzen Zeit mit meinen Mädels nehmen wir Abschied. Vor uns liegen noch einige Hundert Kilometer. Unser nächstes Ziel, Valencia, bringt uns dem Süden ein grosses Stück näher. Unser Campingplatz liegt in einem Vorort der Stadt, zwischen dem Meer und Reisfeldern. Die grünen Felder wirken erst fremd in der europäischen Umgebung, machen jedoch völlig Sinn, da hier wohl die runden Körner für das Nationalgericht Paella angebaut werden. Die köstliche Reispfanne, typischerweise mit Meeresfrüchten garniert, hat ihre Wurzeln nämlich genau hier.

Um die spanischen Städte zu besuchen, lassen wir unser Büsli jeweils auf einem naheliegenden Camping- oder Stellplatz und nehmen dann den Bus in die Stadt. Für Valencia mieten wir ein Fahrrad bei DoYouBike und erkunden die Stadt auf 2 Rädern. Philipp und ich wechseln uns ab mit der Reiseplanung und nachdem er mich durch Barcelona geführt hat, übernehme ich die Rolle der Touristenführerin in Valencia, wo ich vor einigen Jahren bereits einmal einen Städtetrip mit einer Freundin gemacht habe.

Vorbei an riesigen Magnolienbäumen suchen wir die schönen Altstadtgebäude der Stadt. Wir finden sie beim Plaça de la Reina, wo wir uns dem gemütlichen "Käffelen" der spanischen Seniorenschaft anschliessen. Wiedermal fällt uns auf, wie entspannt der spanische Lebensstil ist trotz der zeitgleichen feurigen Lebensfreude.

Zum Mittag wählen wir per Zufall ein super Restaurant aus und sind begeistert ab der vegetarischen Paella im Restaurant Sabbia, die wir bis aufs letzte Reiskorn auslöffeln. Unser kulinarisches Highlight der Spanienreise!

Fährt man der Strandpromenade entlang, erblickt man auf der anderen Seite niedliche bunte Häuser. Die etwas heruntergekommenen Wohngebäude markieren jedoch das Armenviertel der Stadt, in welchem einem vom Herumlaufen als Tourist eher abgeraten wird.

Sowieso zieht es einen vielmehr zum Wahrzeichen der Stadt: Dem Ciudad de las Artes y las Ciencias. Über den wundervollen Park, der im trockenen Flussbeet liegt, fährt es sich wunderbar zu diesem architektonischen Highlight.

Kurz folgen wir einem Einheimischen, dessen laut dröhnenden Musikboxen auf seinem Fahrrad uns noch heftiger in die Pedalen treten lassen. Ja wenn wir dann tatsächlich mal in Spanien leben sollten, werden wir es den Locals gleich tun, mit Reggaeton auf dem Fahrrad durch die Stadt trampelnd :). Das muss ein Leben sein!


Calp und die pinke Salzlagune von Torreviejo

Eine 6-stündige Fahrt liegt vor uns. Betrachtet man die Karte von Spanien wird schnell klar, wegen der geschwungenen Linie zwischen Portugal und Frankreich ziehen sich die Strecken der Südküste entlang gewaltig. Wir unterbrechen die lange Fahrt mit einem Stopp in der Küstenstadt Calp. Die Grossstadt mit ihren Wolkenkratzern bietet Shoppingmöglichkeiten und scheint beliebt für Strandurlauber zu sein. Die Parkhäuser in der Stadt sind jedoch meist auf eine Höhe von 1.90-1.95m beschränkt. Mit etwas Glück finden wir einen Parkplatz in der blauen Zone um zum Strand zu spazieren. Der vorgelagerte Fels macht Calp zu einem schönen Postkartenmotiv und gibt uns einen kleinen optischen Vorgeschmack auf unser erstes exotisches Ziel nach dem Roadtrip: Mauritius.

Einen weiteren Fahrunterbruch bietet uns die Laguna rosa von Torreviejo. Wir erwarten nicht zu viel, obschon das Pink der Salzlagune in den heissen Sommermonaten am intensivsten sein soll. Die Farbe entsteht durch eine chemische Reaktion von Plankton. Vom Baden warnen Schilder und auch online berichten einige über Hautirritationen aufgrund des hohen Salzgehalts. Trotzdem plantschen einige Besucher bereits im Wasser, das je näher man dem Ufer kommt, ein immer intensiver werdendes Pink offenbart. So richtig deutlich wird die Farbe aus der Luft sichtbar. Da uns nicht ganz so wohl ist mit dem Parkplatz vor dem ausgestorben wirkenden Wohngebiet, wird es nur ein kurzer Fotostopp dieses Farbhighlights.

Ein Schwenker ins Landesinnere macht klar, weshalb die Campingspots auf Park4Night rar werden. Die Landschaft wird immer trockener und langsam wird das Gebirge der Sierra Nevada sichtbar und uns wird klar, jetzt befinden wir uns in der Region Andalusien. Wir ziehen noch einige Kilometer durch und fahren auf einen Campingplatz 30min vor Granada, unserem Ziel für den Folgetag. Die perfekte Entscheidung! Auf dem ruhigen Platz fühlen wir uns sofort willkommen. Beim einrichten täpselt eine orangene Katze über die Mauer oberhalb unseres Stellplatzes. Unser "pspsps" lockt gleich drei weitere hervor und wir verlieben uns mal wieder komplett in die kleinen Vierbeiner, die es sich ab da um unser Büsli herum gemütlich machen.


Alhambra, das Highlight in Granada

Kurz vor halb 10 Uhr sind die Parkplätze vor dem Alhambra noch praktisch leer. Uns ist bewusst, das wird sich im Verlauf des Tages ziemlich ändern, denn die Stadtburg Alhambra zählt zu den meistbesuchtesten Sehenswürdigkeiten Europas! Die Tickets haben wir uns deshalb vorab online reserviert, wobei für den Besuch des sehenswerten Nasrid Palace ein Zeitfenster ausgewählt werden muss. Trotz dem reduzierten Einlass ist der Palast sehr überfüllt. Die Islamische Kunst, die in Form von wunderschönen Ornamenten die Palastwände verziert ist einzigartig und ein absolutes Highlight im gesamten Alhambra. Auch die Gartenanlagen, besonders jene im Sommerpalast Generalife, begeistern uns.


Die weisse Stadt Olvera

Etwas reizüberflutet nach der Schönheit des Alhambra, führt unser Roadtrip in ein weiteres Städtchen im Landesinnern. An uns ziehen konstant wüstenähnliche Landschaften vorbei. Wie aus dem nichts taucht plötzlich eine weisse Stadt vor uns auf. Über den hellen Dächern teilen sich eine Burg und eine Kirche den höchsten Hügel. Ein wunderschönes Stadtbild, das wir uns am späteren Nachmittag von nahem anschauen.

Olvera ist völlig untouristisch, ja fast schon verschlafen. Gemütlich lässt es sich durch die schmalen Strassen an den schön erhaltenen Hauswänden vorbeischlendern. Für die Besichtigung der Burg müssten 2€ bezahlt werden. Wir tun knausrig, hatten unser Highlight bereits mit Alhambra und entscheiden uns deshalb, den Felsen aufzusuchen, von welchem man auf die Kirche und die Burg sieht anstatt von unten hochblicken zu müssen.

Wir finden besagten Jesusfels und die Aussicht ist spektakulär in der Abendsonne!

Ebenso schön ist der Ausblick auf die umliegenden Felder und Berge von unserem Campingplatz aus. Im warmen Sonnenlicht stimmt uns die Ruhe des Platzes ganz romantisch und nach einem spätabendlichen Sprung in den Pool geniessen wir den Sonnenuntergang mit einer Hand voll Erdbeeren.

* Vor dem Campingplatz gibt es Fahrräder zur Miete für 10$ pro Tag über eine App. Wir haben online reserviert für den Campingplatz und das Büsli als Auto statt Caravan angemeldet und so wohl etwas gespart.


Ronda, die Stadt auf der Schlucht

Überland folgen wir den Schildern nach Ronda. Wir scheinen noch nicht übersättigt zu sein von den Altstädten Spaniens. Schnell begeistern uns die detailverzierten Gebäude. Am eindruckvollsten ist jedoch Rondas Lage oberhalb der Schlucht El Tajo. Der Blick auf die Steinbrücke ist sowohl von unten als auch von oben fantastisch. Ronda ist um einiges belebter als Olvera. Die Einkaufspassage mit zahlreichen Restaurants und Cafés lädt auch uns auf einen kleinen Bummel ein.


Verschnaufpause in Cádiz

Unser letzter Stopp im Süden führt uns zurück ans Meer nach Santa Maria. Hier legen wir gleich 2 Nächte ein, um eine Verschnaufpause vor der Fahrt in den Norden einzulegen. Philipp hat von einer Bekanntschaft auf seiner Kolumbienreise den Tipp Cádiz bekommen. Die Stadt liegt auf einer Halbinsel, für die wir uns noch entscheiden müssen ob wir das Büsli nehmen, den öffentlichen Bus oder per Fahrrad hinfahren. Die E-Scooter vor unserem Campingplatz sehen am verlockendsten aus. Plötzlich kommt Philipp von seinem Campingstreifzug zurück und fragt mich mit strahlenden Augen: "Was wäre die absolut coolste Transportmöglichkeit, die du dir überhaupt vorstellen könntest?" Stutzig antworte ich mit E-Scooter. "Was hältst du von einem Katamaran?" Nun strahle auch ich. Tatsächlich sind diese Boote ein öffentliches Verkehrsmittel, um auf die Halbinsel von Cádiz zu gelangen und entsprechend günstig.

So düsen wir also mit den E-Scooter (die so spassig sind, dass wir auf der Rückfahrt nochmals unnötig die Scooter-App zücken und durch die Strassen cruisen) an den Hafen, fahren einmal mit dem Bus über die Brücke nach Cádiz und sehen im vorgelagerten Moorgebiet Flamingos, und zurück mit besagtem Katamaran.

Cádiz selber hat eine wunderschöne Altstadt, die sogar per Hop-on-hop-off Bus erkundbar ist. Die Stadt hätte so viel Charme... wären da nicht die Kreuzfahrtschiffe, von denen auf einen Klapf die engen Gassen der Stadt überlaufen werden. Wir sind gesättigt vom Süden und bereit für einen Szenenwechsel an die Nordküste...


Sevilla, ein weiteres Stadthighlight

Sevilla stand schon lange auf meiner Städtetrip-Wunschliste. Wegen teuren und nicht direkten Flugverbindungen habe ich es nie hierhin geschafft. Zeit also, der Stadt im Südwesten Spaniens einen Stopp auf unserem Roadtrip zu schenken. Wir erreichen unseren bisher schäbigsten Stellplatz. Eine Garage für Wohnmobile, mit Aussenplätzen, die zwischen Autobahn und Zuggleis liegen und direkt darüberfliegende Flugzeuge haben. Fehlt nur noch ein Fährenhafen finden wir. Aber: WC, Dusche, 24h überwacht und am allerbesten: direkt davor liegende Busstation mit regelmässigen Verbindungen und nur 15' ins Stadtzentrum. Genau das brauchen wir :).

Bei "milden" 36 Grad erkunden wir die Stadt, in der es im Sommer nicht selten 40 Grad auf der Temperaturanzeige meldet. Zwischen den Häuserblöcken sind weisse Laken gespannt, die nicht nur schattenspendend sind, sondern auch einiges an Wärme abdämmen. Wir merken schnell, hier hat sich das Leben den Temperaturen angepasst. In den warmen Mittagsstunden schliessen die Geschäfte und die Strassen wirken wie ausgestorben. Erst gegen Abend kommt wieder Leben in die Stadt.

Für die meisten Sehenswürdigkeiten wird Eintritt verlangt. Wie gut, dass Kathedralen auch von aussen schon ein Augenschmaus sind.

Mein absolutes Highlight ist der Plaza de España, ein riesiger Platz mit eindrücklicher Architektur inmitten eines Parks und: frei zugänglich. Hier könnte ich ewigs spazieren, dem Gitarrenspieler lauschen oder wie heute: Einer Flamencotänzerin zuschauen, wie sie inmitten dieser surreal schönen Bauten den ausdrucksstarken Tanz tanzt.

Bei den Mushrooms of Seville, dem Metropol Parasol, entscheiden wir uns doch noch für einen Besuch und dürfen für die 10€ Eintritt nicht nur auf die Aussichtsplattform der Holzkonstruktion, von der man wunderbar über die Stadt sieht, sondern auch noch eine Multimediale Show schauen. Später, wenn es dunkel wird, erleuchtet eine bunte Lichtshow auf den hölzernen Pilzhüten. Etwas, das wir jedoch nicht mehr bewundern.

Salamanca, eine schöne Überraschung

Der Beifahrersitz quilt über vor Snacks. Vor uns liegt eine lange Fahrt gen Norden. Über die Karte haben wir die Stadt Salamanca entdeckt und uns ohne grosse Erwartung hierhin aufgemacht. Die Schilder weisen die Richtung nach Portugal aus. So nah ist das Nachbarland, doch ihm soll eine separate Reise gewidmet werden. In Salamanca tauchen wir nochmals so richtig in Spanien ein. Es ist Wochenende, die Strassen sind belebt und die Terrassentische der Restaurants gefüllt mit Bier- und Weingläsern. Auf einmal erklingt laute Musik und an uns huschen skurril bekleidete Menschen vorbei mit riesigen gebastelten Masken auf dem Kopf. Spielerisch jagen sie den Kindern und Jugendlichen mit Stöcken hinterher. Es erinnert uns an die Thuner Tradition "Fuulehung". Wir mischen uns in das Getummel und immer wieder Drücke ich Philipps Hand und frage mich, wie toll bitteschön ist unser Leben :)).

* Das Navi führt etwas zu weit, besser den Schildern folgen.


Ab an die Nordküste

Und auf einmal sind wir da, an der Costa Verde in der nordspanischen Region Asturien. Aus Avilés fahren wir direkt wieder raus, die Stadt gefällt uns gar nicht. Vielmehr möchten wir die schroffen Klippen sehen und die Strände, von denen man nur positives liest und hört. Beim Mirador Sablera Aguilar essen wir zu Mittag und würden gerne noch an den schönen Strand hinunterfahren. Allerdings sind wir ziemlich durch vom vielen Fahren der letzten Tage und sehnen uns einfach nur nach einem Campingplatz. Von diesen scheinen einige bereits geschlossen zu haben. Wir befinden uns offiziell in der Offseason.

Vor dem Playa de san pedro de la ribera haben wir ausgerechnet die Öffnungszeiten der Rezeption verpasst und entschliessen uns, etwas an den Strand zu liegen. Zahlreiche Büsli und Camper parkieren auf der Wiese, teils offensichtlich campend. Darf man in Spanien wirklich so einfach wildcampen, wie uns von Büslifreunden gesagt wurde? In gebrochenem Spanisch erkundigen wir uns bei einer Parkplatzaufseherin und tatsächlich darf für 1€ auf der Wiese parkiert UND übernachtet werden. Wir sind begeistert und entscheiden uns sofort gegen den Campingplatz. So verbringen wir unsere erste halb-Wildcamping Nacht in Spanien. Ich mal wieder der Schisshaas per se und meine, in der Nacht hat uns ein Wildschwein besucht. Es war nur der Wind oder maximal ein Vogel, der sich an unserem draussen hängenden Müllsack zu schaffen gemacht hat...


Das Fischerdorf Lluarca

Über die Nordküste liest man viel von niedlichen Fischerdörfern. An einem eher faulen regnerischen Tag zieht es uns nach Lluarca. Niedlich ist e tatsächlich, vielleicht auch wegen dem grauen Himmel eher trist. Aber wir stellen fest, nach den wahnsinnig tollen Städten im Süden sind wir gesättigt und haben nicht mehr das Bedürfnis, weitere der Städtchen hier oben zu besuchen.


Traumstrände und unser schönster Wildcampingspot

So ist schnell klar, zu den Stränden soll es stattdessen gehen. Einen Fotostopp legen wir beim berühmten Silence Beach ein. Zur linken ragen dunkle Felsen spitz aus dem tosenden Atlantik. Rechts haben die Elemente einen Steilhang der Klippe abgeschliffen und dem Strand dadurch eine wunderschöne Felsformation verleiht.

Der Playa de rodiles ist einer von vielen Stränden hier an der Nordküste, der mit einem Fluss verbunden ist. Ausgestorben sind die hunderten von Parkplätzen, die vor dem Pinienwald liegen, der an den Strand grenzt. Eine wunderbare Ruhe herrscht hier. Aber irgendwie ist es nicht ganz so der Schlafplatz, den wir uns erhofft haben.

Wir fahren weiter nach Niembru und über eine unglaublich enge Strasse zum Mirador sablera torimbia wo uns die absolut atemberaubende Aussicht auf zwei Buchten erwartet. Sofort ist klar, hier bleiben wir! Bis lange nach unserem Abendessen treffen noch Besucher ein, die die Aussicht geniessen und dann wieder abfahren. Wir sind so frech und bleiben direkt beim Aussichtspunkt stehen. Weitere Parkplätze gäbe es weiter oben auf einer Wiese oder etwas weiter unten direkt an der Strasse. So lange man sich nicht ausbreitet und als Campingfahrzeug sichtbar ist, sprich Tische und Stühle vors Büsli packt, wird Wildcamping in Spanien sehr toleriert. Es wird eine wunderbare Nacht mit einem noch viel besseren Aufwachen: Mein schönster Sonnenaufgang mit dem Büsli!


Roadtrip zu den Picos de Europa

Der nächste Tag startet mit einem Abstecher zu einem der beliebtesten Strände des Nordens: Playa cuevas de mar.

Anschliessend statten wir den Bufones de Pría einen Besuch ab. Leider schiessen keine Wasserfontänen in die Höhe, da die Flut gerade zur Ebbe wechselt. Trotzdem hören wir das Grollen unter uns und erblicken bereits einen traumhaften Wildcampingspot für die nächste Spanienreise ;).

Unser heutiges Hauptziel sind jedoch die Picos de Europa. Der Name drückt die Erwartungshaltung sehr in die Höhe. Wir müssen beide zugeben, zu Schweizverwöhnt zu sein und uns flasht das Gebirge nicht, weswegen wir eher eine Spritztour über Las Arenas machen und anschliessend zurück an die Küste düsen.


Ein Gezeitentraum: Arnía Beach

Mit einer Flasche Wein und Himbeeren ausgerüstet gibt es mal wieder eine Datenight am Strand. Der Arnía Beach begeistert uns sofort! Die Erosion hat die Felsen hier besonders speziell geformt. Wir beobachten die Landschaft bei hereinkommender Flut und es ist einfach nur wunderschön, wie sich das Wasser um die grossen Felsen aufschäumt und die flachen Bereiche zu natürlichen Pools füllt. Je nach Gezeitenstand sieht der Strand komplett anders aus, etwas, was wir hier an der Nordküste besonders oft beobachten. Es ist absolut faszinierend, die Strände so in verschiedenen Zuständen mitzubekommen. So kann ein Strand bei Flut komplett verschwinden und bei Ebbe der perfekte Badeort sein.

* 50 Cent Stücke für warme Dusche (etwas mühsame Bedienung). Meersicht aber über die Dauecamper hinweg.


Surfbeaches und eine weitere Traumbucht

Wir folgen einem Tipp meines Büslikollegen Ramon und beobachten die Surfer am Playa de Langre. Ein wunderbarer langer Strand mit top Wellen, oberhalb dessen Wiese man ebenfalls campieren kann. Loredo und Langre scheinen beliebte Surforte zu sein und sofort vermisse ich mein Board.

Buchtverliebt zieht es uns dann doch weiter, nämlich zum Playa de Arenilla. Und wieder ein absoluter Glücksfund auf der Campingapp! Ignoriert man das leerstehende Gebäude, (wobei leer doch noch ein paar Ratten beinhaltet, die abends herauskommen und wegen denen man auf keinen Fall Esswaren draussen liegen lassen sollte) muss man sich nur noch zwischen der Bucht entscheiden, die sich bei Flut komplett mit Wasser füllt und dem Strand, auf dem man in Ebbezustand perfekt sonnen kann. Mich faszinieren die schroffen Felsen, die mich an die Kalkfelsen in Masagaskar erinnern. Schlafplatz mit dem Meer vor der Nase, einer Beachbar und zwei Restaurants in der Nähe und noch getopt mit einer Aussicht auf die Berge. Was will man mehr :)


Bilbao und das Guggenheim Museum

Bilbao ist die Hauptstadt des Bakenlandes, das wir an der eigenen Sprache erkennen, die plötzlich auf allen Schildern auftaucht.

Die Grossstadt scheint uns recht gediegen mit eher teuren Boutiquen und Cafés. Wir statten dem Guggenheim Museum einen Besuch ab, Symbol der Stadt und wirklich einen Besuch wert. Besonders da gerade eine Ausstellung zum Thema Mobilität stattfindet – passend zu unserem Roadtrip.

Uns erreicht die Nachricht einer gemeinsamen Bekannten. Demi, die wir am selben Abend kennengelernt haben, als wir uns auf der WG-Party damals kennenlernten, und die einige Malibushots und einem Whatsapp- Gruppenchat später eigentlich Grund war, dass wir unsere Handynummern hatten und somit den Kontakt hielten, hat uns ein Foto des Büsli geschickt. Ob wir das seien?! Wie es der Zufall will, treffen wir sie zusammen mit ihrem Freund am Abend auf demselben Campingplatz! Die beiden sind mit ihrem VW Bus open end unterwegs und haben dafür, genau wie wir, die Wohnung, die übrigens 1 Block von uns entfernt lag, aufgelöst. Wie das Leben manchmal Zufälle schafft... wir wünschen den beiden eine wunderschöne Reise und sind dankbar für ihre Mitwirkung an unserem Schicksal und einem vielleicht kleinen Floh, den ihre Reisepläne uns in den Kopf gesetzt haben ;).


Die Surferstadt San Sebastián

Die Topserie Game of Thrones hat nicht nur Dubrovnik in Kroatien zu einem neuen überlaufenen Touristenziel gemacht. Auch im spanischen Norden befindet sich eine Drehkulisse der Serie, die wir zu Hause angefangen haben zu suchten. Gaztelugatxe, oder besser bekannt als "Drachenstein" ist eine Insel im Baskenland. Sie liegt auf dem Weg nach San Sebastián und so lassen auch wir uns einen Fotostopp nicht nehmen. Um jedoch zur Insel hinunter zu kommen, ist eine Reservation erforderlich. Die ist zwar kostenlos, sei jedoch früh im Voraus ausgebucht. Eine tolle Aussicht von oben hat man aber auch, wenn man am Restaurant vorbeiläuft und nach einem kleinen Trampelpfad zwischen den Gebüschen Ausschau hält.

San Sebastián gefällt uns auf Anhieb. Am Wochenende ist viel los und gerade findet noch das Filmfestival statt. Die Terrassen der Restaurants sind gefüllt. Immer wieder spazieren Surfer mit dem Board unterm Arm durch die Strassen richtung Meer. Das Äquivalent zu den Tapas im Süden sind Pinchos, die hungrig machend in jeder Theke zum Verzehr bereit liegen.


Fazit

Spanien ist definitiv ein absolut traumhaftes Land für jegliche Arten des Urlaubs. Roadtriptechnisch fanden wir beide die Nordküste geeigneter aufgrund der zahlreichen Wildcampingmöglichkeiten und der kürzeren Distanzen. Auch die Landschaft ist abwechslungsreicher und das Klima sicherlich angenehmer. Trotzdem sind wir froh, ganz Spanien umrundet zu haben, da uns die Städte im Süden absolut begeistert haben. Hier zusammenfassend einige Tipps für deinen Büsli-Roadtrip:

  • Im Landesinneren und zwischen Grenada und Cadiz kommen lange keine Raststätten mehr - besser der hangry Laune vorbeugen.

  • Ausser an der Costa Brava mussten wir in ganz Spanien nie Maut bezahlen, erst in Richtung Frankreich wieder.

  • Apropos Maut: Die schnellste Strecke von Bilbao zurück in die Schweiz summiert sich pro Weg auf ca. 88€.

  • Passe deinen Essrhythmus an die spanischen Zeiten an. Das heisst: Mittagessen meist ab 13 Uhr, Abendessen teilweise nicht vor 20 Uhr in Restaurants.

  • Viele Parkplätze haben Höhenbeschränkungen von 2 Metern, hier also vorab informieren, wo du am besten mit einem höheren Fahrzeug stehen könntest. Meist gibt es auch Wiesen oder unbeschränkte Parkplätze in der Nähe.

  • Was die Parkplätze betrifft so ist ein Punkt besonders positiv: Praktisch immer gratis!

  • Mit Englisch sollte man schon durchkommen, wir waren aber mehrmals froh um ein paar Spanisch Basic Sätze, sei es nur die Nachfrage nach dem Check-in oder einem freien Stellplatz.

  • Wildcamping ist in Spanien komplex geregelt und je nach Gebiet unterschiedlich. Im Süden schien es uns weniger geeignet und wir gingen immer auf diese 24h Stellplätze für 10-20€ pro Nacht. Im Norden hingegen war das Wildcamping enorm einfach. Wir haben auch mitbekommen, wie die Polizei runden gedreht hat und Leute verwarnte, die sich draussen ausgebreitet haben. Wildcamping heisst also: Keine Stühle, Tische, Markisen etc. ausbreiten und eigentlich wie ein normal parkierendes Fahrzeug ausschauen. Dann wird auch das Übernachten sehr toleriert. Und beim Toilettengang draussen bitte mitdenken und nichts zurücklassen, dann können wir das noch länger geniessen =). Wir haben auch einfach oft beobachtet, wie es die anderen machen oder Einheimische angesprochen, so kriegt man ebenfalls ein gutes Gefühl.

  • Viele kennen es aus Italien und Frankreich: Die eher spärlich hygienische WC-Situation. Hier sei gesagt: Nach beiden Ländern empfanden wir die Toiletten in Spanien überaus sauber und durften uns wieder ab einer Klobrille und vorhandenem Toilettenpapier sowie Seifenspendern erfreuen.


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