Sehr oft habe ich diese Aussage in anderen Reiseberichten gelesen. Zugegeben, ich selbst neige sehr zum klassischen Sehenswürdigkeiten-abklappern. Schlichtweg aus dem Grund, da ich am liebsten Alles von dieser Welt sehen möchte & dazu gehören für mich nun mal auch die klassischen „must-sees“, welche man zuvor nur auf Bildern gesehen hat. Ähnlich fiel im April 2016 die Entscheidung für unseren 6-tägigen Trip nach Valencia.
Die erste Reise meiner jahrelangen Schulfreundin Molly und mir soll uns in den Westen Europas führen. Nur noch 1 Klick entfernte uns von der Reisebuchung nach Lissabon, da fiel Molly ihr jahrelanges Versprechen einer Mutter-Tochter Reise in die portugiesische Hauptstadt ein. Nach ein paar Bildimpressionen einer Städtetrip-Alternative, fiel die Wahl schliesslich auf Valencia.
Geleitet von den schönen Bildern des Ciutat de les Arts i les Ciències, freute ich mich schon auf dieses moderne Wahrzeichen. Doch nicht dieser Gebäudekomplex selbst ist das erste, was mir als Erinnerung an Valencia einfällt. Mit Valencia verbinde ich zufällige Begegnungen mit freundlichen Menschen, eigentlich simple Momente, die mir ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert und eine unvergessliche Reise beschert haben.
Beginnen wir mit dem ganz Städtetrip-obligatorischen
Shopping-Tag
Bereits vollbepackt mit unseren Errungenschaften, betraten wir einen recht modernen Laden, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann.
Neugierig erkundigte sich die junge Verkäuferin in gebrochenem Englisch nach unserem Ursprungsort. Bei der Erwähnung unserer Heimatstadt Zürich, blühte sie vollkommen auf und versuchte uns zu erzählen, dass ihr Freund in Zürich lebt und sie bald zu ihm zieht, um zu studieren. Trotz sprachlicher Barrieren, verstanden wir uns irgendwie und es wurden Handynummern ausgetauscht – damit sie wenigstens schon einen Kontakt hat, wenn sie in die für sie noch völlig fremde Stadt zieht.
Weiter geht’s mit einer Premiere für mich:
Fahrradtour
In Valencia findet man Fahrräder an jeder Strassenecke. Über eine Parkuhrähnliche Säule kann man sich einen Drahtesel mieten. Wir hatten uns entschieden, gleich eine Tour bei einem der zahlreichen Anbietern zu buchen, um etwas mehr über die Geschichte der Stadt und ihre architektonisch beeindruckenden Gebäude zu erfahren.
Der Touristenansturm im April hält sich in Grenzen. Dadurch hatten wir das Glück auf eine Privattour gehen zu können. Nach einer kurzen Absprache über unsere Tour-Wünsche, bei welcher wir uns als Endziel den Strand aussuchten, radelten wir los durch die wirklich Fahrrad-freundlichen Strassen Valencias. Mit einigen Stopps an den eindrücklichsten Gebäuden und Kirchen, vorbei mitten an wunderschönen Quitten- und Zitrusbäumen, erfuhren wir so viele schöne kleine Geschichten, durch welche einem die Stadt gleich noch sympathischer und schöner vorkommt. Wir fuhren durch ein ehemaliges Flussbett, das nun eine grüne Parkanlage ist, schauten den Schulkindern beim Spielen zu und genossen das warme Frühlingswetter. Im Ciutat de les Arts i les Ciències entdeckten wir durch unseren Guide eine Sonderheit im Bau: Das sogenannte Ohr, bei welchem sich die Personen weit auseinander an die beiden Enden stellen & trotzdem miteinander sprechen können.
Die Tour endete wie gewünscht an der Strandpromenade Valencias. Da uns diese Art der Stadterkundung so viel Freude bereitete, entschieden wir uns, die Fahrräder gleich für den Rest des Tages zum Schnäppchenpreis zu mieten.
Obwohl die Tour gebucht war und man sagen könnte, es ist ja sein Job, den Touristen mit Freundlichkeit zu begegnen, haben wir diese Bekanntschaft sehr geschätzt und werden dieses tolle Erlebnis immer mit dem tollen Tourguide in Verbindung bringen (meine Namens-Vergesslichkeit hat mal wieder gesiegt – mittlerweile habe ich hierfür nun immer ein Notizbuch zur Hand 😉 ).
Bei so viel Bewegung ist es natürlich unumgänglich, den Energiehaushalt wieder aufzufüllen. Abgesehen von vielen kulinarischen Highlights, insbesondere des Nationalgerichts „Paella“ (Reispfanne), führte uns ein eher unappetitliches Abendessen zu einer weiteren schönen Begegnung.
Der Schimmelkäse-Vorfall
Eigentlich möchte ich den Vorfall gar nicht überspitzt formulieren. Beim Abendessen bei einem Italiener in Valencias Altstadt wurde uns Reibkäse mit verdächtig blau/grünen Flöckchen serviert – Schimmel. Als Entschädigung erhielten wir je einen Dessershot, der sich als unglaublich köstlich herausstellte! Er schmeckte sehr süss, beinahe wie flüssige Quittenkonfitüre. Begeistert von diesem Getränk, erkundigten wir uns beim Kellner nach dem Namen & erfuhren, dass es sich um den Likörwein „Mistela“ handelt.
Am Tag darauf wollten wir uns einige Flaschen als Mitbringsel für zu Hause besorgen und landeten in einem Seitengässchen in einem Wein- und Spirituosenlädelchen. Klein aber fein, eingerichtet als existiere es seit Jahrzehnten, die Regale mit Flaschen bestückt, die teilweise von einer leichten Staubschicht überzogen waren, hatte es seinen ganz eigenen Charme. Die ältere Dame, die das Geschäft zu leiten schien, konnte kein Englisch, führte uns jedoch mit dem Begriff „Mistela“ zu den richtigen Flaschen. Ohne Aufforderung unsererseits, liess sie sich Zeit, die gekauften Liköre einzeln transportsicher zu verpacken. Sie hätte unseren Einkauf gerade so gut einfach in Plastiksäcke einpacken können, doch schien sie darum bemüht, dass diese auf keinen Fall kaputt gehen sollten. Molly und ich fanden diese Dienstleistung so lieb, dass wir ihr etwas Kleingeld geben wollten, welches sie jedoch sehr bestimmt, aber freundlich ablehnte. Jetzt, da ich diese Begegnung niederschreibe, scheint sie mir für die Leser sehr belanglos zu klingen. Aber uns verzauberte Valencia durch die Anhäufung genau solcher kleiner Freundlichkeiten.
Eine weitere Freundlichkeit, die ebenfalls grösstenteils nonverbal stattfand, führte uns zur
Caipirinha-Improvisation
Im Urlaub gönnt man sich ja gerne mal was und Molly und ich hatten eines Abends Lust auf Caipirinhas mit frischen Limetten. Gegenüber von unserem Hotel befand sich ein Supermarkt, in dessen Eingangsbereich noch eine Metzgerei-Theke eingebaut war.
Wir wurden fündig und kauften alle nötigen Zutaten für unseren Cocktail ein. Doch uns fehlte ein Messer, um die Limetten in Mix-taugliche Viertel zu schneiden. Die Lösung lag buchstäblich auf dem Weg zurück ins Hotel: die Metzgerei – wo sonst gibt es genug Messer. Nach ein bisschen herumgestikulieren verstand der Metzger unsere Bitte und schnitt die Limetten in die gewünschten Viertel, bevor er sie uns mit einem riesigen Grinsen wieder zurückreichte.
Improvisationen auf Reisen finde ich immer besonders lustig. Ob es nun eine Regenzuflucht im Fiat500 Kofferraum ist, wenn man beim Zelten in der Schweiz spontan vom Regen überrascht wird, oder ein Caipirinha-Mixen mit einer leeren PET-Flasche…
Valencia glänzt sicherlich durch die wunderschönen Gebäude, die einen Mix aus Altstadtcharme und futuristischen Bauten bilden. Kulinarisch mangelt es definitiv nicht an zahlreichen leckeren Restaurants, insbesondere auch an der schönen Strandpromenade, wo man sich entspannt treiben lassen kann, aber auch Feierlustige auf ihren Geschmack kommen. Überhaupt hat mich die Stadt unglaublich beeindruckt, bietet sie so viele schöne Fleckchen. Molly und ich sind uns jedoch einig, dass wir viele dieser Orte nicht nur als klassisches Sight-seeing im Stil von „wir-waren-hier“ in Erinnerung behalten, sondern mit den kleinen Geschichten und Begegnungen der Einheimischen, die wir für immer in unseren Herzen tragen werden.
Comments