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Nesso · Am Lago di Como + Mailand

Mein bereits 3. Urlaub mit Fabienne in diesem Sommer, alle innert kurzer Zeit, alle ziemlich spontan und flexibel. Denn Silvan stillt seinen Wunsch nach Auslandreisen in unserem Nachbarland Italien, wo seine Grosseltern eine Ferienwohnung besitzen. Genauer gesagt in Nesso, das ca. 30min von Como entfernt am Comersee liegt. Wie auch Fabienne studiert er mit mir. Ich erinnere mich daran, dass sie beide eine der ersten Klassenkameraden waren, mit denen ich mich unterhalten habe. Bei Fabienne ist quasi eine Freundschaft ab Tag 1 entstanden. Silvan war mir von Anfang an unglaublich sympathisch, erwähnte er doch gleich seine Weltreise, von der er in dem Sommer vor Studienbeginn zurückgekehrt ist. Reisebegeisterte finden sich immer schnell und es dauerte nicht lange, bis auch hier eine Freundschaft entstand. Und doch hätte wohl keiner von uns am ersten Schultag geahnt, dass wir mal gemeinsam in den Urlaub fahren würden (oder gleich 3x nacheinander :P).


Die Reise beginnt bei Silvan in Münchenbuchsee, wo er einen leckeren kleinen Brunch hinzaubert, während wir bis zum Mittag warten, um Fabienne nach ihrem Feierabend in Bern aufzugabeln. Es ist das Jahr der Flexibilität und mittlerweile habe ich mich echt an das etwas planlosere Leben gewöhnt. Gefangen im Ferienmood bin ich jetzt schon völlig stressfrei und sicher, dass auch dieser spontane Trip unvergesslich wird.


Como kenne ich bereits aus meinem damaligen ersten Auslandstrip mit frischem Führerschein und erstem eigenen Auto (passenderweise einem Fiat500). Ich erinnere mich, damals gesagt zu haben, dass ich verstehe, weswegen die kleine Knutschkugel von den Italienern designt wurde - wegen den engen und kleinen Strassen. Nun haben wir ein ziemliches Upgrade mit dem VW T5 meines Vaters, doch sogar der ist noch kleiner als die Campingwagen, die uns teilweise auf der schmalen Strasse entgegenkommen. Der letzte Streckenabschnitt von Como nach Nesso bringt mich ganz schön ins schwitzen und beim einparkieren sind viele Nerven und tiefes Baucheinziehen beim Aussteigen nötig.

Die Entschädigung kommt sogleich in Form der super gemütlichen Wohnung und Traumaussicht aus dem Fenster. Es sieht beinahe aus, als könnte man direkt aus dem Fenster in den See hüpfen.

Sofort schlüpfen wir in unsere Badeklamotten und nutzen die letzten Sonnenstunden für einen erfrischenden Schwumm im See. Das kleine Dorf liegt steil am Hang und die beste Stelle zum Schwimmen erreicht man über einige Treppenstufen von einem viertelförmigen Treppenabschnitt aus. Hier liegt auch die Brücke, die Ponte della Civera, die Nesso zu einem beliebten Fotomotiv macht.


Während wir mit unserem nicht ganz so kühlen Aperol Spritz auf den Urlaub anstossen, kommen immer wieder Motorboote vorbei. Eines davon, mit ein paar Herren im eher älteren Semester, die sich lautstark mit typisch italienischem Temperament bemerkbar machen, gewinnt besonders unsere Aufmerksamkeit. Als sich zwei von ihnen dann noch in ihren Speedos von der Brücke stürzen, lachen wir lauthals und klatschen ihnen zu.

Als nächstes kommt ein Boot mit einer Familie mit 2 kleinen Jungs. Der eine von ihnen traut sich nicht zu springen, während sein Bruder immer wieder aus dem Wasser steigt und sich sofort an den nächsten Sprung von der Brücke macht. Als die Eltern schon genervt zurufen, dass sie endlich weitergehen wollen, schafft er es doch noch von einer etwas tieferen Stelle aus und die beiden steigen bibbernd vor Kälte aus dem Wasser. Ihr italienischer Guide spricht uns völlig ausser Atem an und gönnt sich einen Schluck unseres Aperolspritz, bevor er beide Jungen packt, sie ins Wasser wirft und ihnen zum Boot zurück folgt. Ja so ein Guide muss schon fast zum Kindersitter werden ^^.

Zu guter letzt spricht uns eine Schweizerin an, die etwa in unserem Alter ist. An ihrem unverkennbaren Dialekt erkenne ich sofort meinen Heimatkanton Zürich. Sie sei zusammen mit ein paar Freunden aus dem Gymi hier im Urlaub. Kurzerhand werden Handynummern ausgetauscht und sie lädt uns ein, sie in ihrem Airbnb im höher liegenden Teil von Nesso zu besuchen.

Als wir zurück zur Wohnung laufen möchten, fällt uns ein britisches Päärchen auf. Die Frau redet ihrem Mann gut zu und möchte ihn zum Sprung von der Brücke animieren. Silu, der irgendwie zu allen sofort einen Draht zu haben scheint, erklärt sich kurzerhand bereit, mit ihm zu springen, was zur totalen Begeisterung von dem Paar führt.

Obwohl wir noch mit Sonnenschein empfangen wurden, kündigen die kommenden Tage Regen an. So verbringen wir den zweiten Tag mit einem Ausflug nach Como, flanieren durch die hübsche Stadt, gönnen uns die leckere italienische Küche und einen Kaffee nach dem anderen.


Glücklich über den Kamin in der Wohnung, machen wir es uns gemütlich, spielen stundenlang Pandemic - die Ironie ist scheu vorhanden - beginnen mit Kaffee und fahren fort mit Aperol Spritz und schlecht gemixten Caipirinhas. Abends schauen wir uns immer gemeinsam einen Trickfilm von Disney an, oder versuchen es zumindest, bis einer nach dem anderen einschläft.

So scheint nach den anfänglichen vielen Begegnungen alles ruhig, bis wir am zweiten Abend, der passenderweise ein Freitag ist, zu unserer Bekanntschaft den Berg hochkraxeln. Es wird ein lustiger Abend mit der jungen Truppe, viel geredet, peinlich getanzt und die sowieso schon chaotische Unterkunft scheint nach unserem Besuch noch unordentlicher geworden zu sein. Mit meinen 25 Jahren bin zumindest ich nicht mehr die allerjüngste im Vergleich zu den anfangs 20ern im Bunde, doch auch Silu und Fabienne scheinen nicht traurig darüber zu sein, als wir nach einem spontanen Mitternachtsschwumm in unsere gemütliche Wohnung zurückgehen und es am nächsten Tag den Rentnern gleich tun und einen Kaffee in einem der zwei Cafés trinken. "Living life to the fullest", oder? ;P

Der Regen hinterlässt seine Spuren. Der sonst eher als Rinnsal geltende Wasserfall, stürzt nun tosend die Schlucht hinunter in den See.

Es ist Samstag und obwohl die Wochentage durch die spezielle Situation (und in den Ferien sowieso) an Bedeutung verlieren, machen wir uns in Wochenendtrip-Laune auf nach Mailand.

Erneut bangt mit die kurvige und schmale Strecke bis nach Como. Als wir die Stadt schon beinahe erreicht haben und ich in meinem Kopf bereits der Autobahn entgegensehne, kommt plötzlich ein Ambulanzwagen in vollem Karacho um die Ecke und es knallt lauthals. Erschrocken biegen wir bei der nächsten Gelegenheit auf einen Parkplatz und begutachten den Schaden. Phu, es hat nur den linken Seitenspiegel erwischt.

Eine aufgebrachte Frau in Sanitäterinnenuniform kommt mir mit dem abgebrochenen Teil entgegen, sagt in gebrochenem Englisch, dass sie nur Italienisch spricht und schwirrt sofort wieder ab. Verwirrt und übefordert stehen wir da und versuchen den abgebrochenen Spiegel wieder einigermassen für die Weiterfahrt zu befestigen.

Mit unglaublich schlechtem Gewissen melde ich mich sofort bei meinem Vater, dem das Büsli ja noch gehört und erzähle ihn von dem Zwischenfall, der nicht in unserer Schuld lag.

Er reagiert sehr gelassen und wir werden das Ganze nach meiner Rückkehr in der Schweiz anschauen.

(Leider liess sich nicht nur der Spiegel ersetzen sondern es war eine sehr mühsame Reparatur mit Ausbau der Fahrertür nötig. Mittlerweile ist das Büsli wieder ganz und bereit für seine nächsten Abenteuer =) )

Unsere gute Laune ist zurück und wir erreichen Mailand. Durch die Strassen irrend finden wir schliesslich einen Parkplatz, von dem aus der Stadtkern gut zu Fuss erreichbar ist und bezahlen diesen gleich bis zum nächsten morgen, denn die Nacht werden wir ja hier verbringen.

Aus Prinzip wird ein Gruppenfoto vor dem Mailänder Dom geknipst und aus Prinzip nehmen wir unseren Apéro Studentenbudget-freundlich im Van ein. Gemütlich ist es jedenfalls, würden nicht ständig Autos die Seitenstrasse entlangdonnern. Das wird wohl eine unerholsame Nacht und wohl der günstigste Mailandtrip, den man sich in der doch eher teuren Stadt vorstellen kann (15 € Parkplatz Unterkunft).

Dafür forderte diese Nacht unsere Backenmuskulatur umso mehr. Und nach dem kleinen Zwischenfall mit der Ambulanz müssen wir zugeben, dass unsere jugendliche Naivität hier viel Schlimmeres verursachen hätte können. Ist aber alles gut gegangen =)

Nach einem seriösen Dinner mit Wein in einem unglaublich leckeren japanischen Restaurant, mieten wir einen (!) Elektroroller und fahren damit zu dritt in eine Gegend, die Fabienne bei ihrem Schwesterntrip nach Mailand als Ausgangsviertel in Erinnerung hatte.


Wir alle wissen, dass Mailand besonders schlimm von der Coronakrise betroffen war. Die Nachwirkungen spürt man noch deutlich. Nur wenige Leute tummeln sich im Park und in der Bar. Gut verteilt bleiben alle unter sich und auch wir berücksichtigen den Abstand und setzen uns auf eine Mauer vor der Bar.


Nach nur wenigen Stunden Schlaf kündigt unser Wecker das Ablaufen der Parkgebühr an. Unerholt und hochkonzentriert schauen wir alle auf die noch fast menschenleere Strasse. Fabienne reist heute leider ab. Ihrer Grossmutter geht es nicht gut und ihr ist es verständlicherweise wichtiger, jetzt bei der Familie zu sein, als hier ihren Spass zu haben. So verabschieden wir uns am Bahnhof von dem italienischen Part unserer Truppe und Silu und ich kehren nach Nesso zurück, wo wir den etwa vierten Kaffee bei einem riesigen Teller Pasta zu uns nehmen und den mangelnden Schlaf nachholen.


Auch bei ihm bricht etwas Chaos aus. Ungarn hat die Einreisebestimmungen verschärft und nebst einem Einreiseverbot auch eine Quarantänepflicht verhängt. Sein geplantes Austauschsemester droht ins Wasser zu fallen und es bleibt unsicher, ob wir sofort nach Hause aufbrechen, damit er noch am nächsten Tag in den Osten aufbrechen kann. Die Aussicht, die geplante Abschiedswoche mit Familie und Freunden nicht machen zu können, spricht schliesslich dagegen und wir hören auf die guten Wetterberichte und bleiben wie geplant bis dienstags.


Den ereignisreichen Tag, der noch in Mailand begonnen hat, beenden wir mit einer Stand-up-paddle Session, die schon fast zum Surfen wird, beim Wellengang des aufgewühlten Sees. Wir paddeln bis zum Wasserfall, wo das Wasser plötzlich eisig kalt wird und der Balanceakt noch konzentrierter vollführt wird, um ja nicht hinein zu fallen.

Was im Trio begonnen hat, wird nun zu einem Päärchenhaften Urlaub unter Studienfreunden. Im kleinen Nesso probieren wir noch das zweite Restaurant aus, die Pizzen müssen schliesslich verglichen werden :).


Das schöner werdende Wetter lockt uns an einem Tag nach Bellagio. Die Stadt, die nach dem gleichnamigen Hotel mit dem berühmten Brunnenspiel in Las Vegas klingt, liegt geografisch gesehen quasi im Schritt des Comersees. Da in diesem Urlaub sowieso nichts nach Plan verläuft und uns diese Planlosigkeit sehr gut gefällt, verpassen wir nicht nur die Fähre, sondern auch gleich den Bus, weil der Kaffee zu gut schmeckt und fahren wegen Unwissens ohne Ticket in den hübschen Touristenort.

Die Aussicht auf die wunderschönen Berge, deren grüne Rillenstruktur mich an Hawaii erinnert, geniessen wir bei einem Spaziergang durch das Dorf. Schliesslich gönnen wir uns auf einer netten Terrasse eines Hotelrestaurants einen Bellini - einfach weil wir es können :P.

Zurück geht es per Wasserweg. Mit dem Schiff erhaschen wir ein paar Blicke auf die um den See liegenden Dörfer, wobei ich sagen muss, die Nesso-Seeseite ist schon die Sonnenseite.

So endet dieser kurze aber Ereignisreiche Trip und mit einem lächelnden und einem weinenden Auge verabschiede ich mich von Silu, der nun zu seinem 6-monatigen Abenteuer nach Budapest aufbricht. Es ist wohl unrealistisch, ihn dort wie erhofft besuchen zu können. Doch wir sind uns sicher, es im Verlauf des Studiums wieder einmal auf eine gemeinsame Reise zu schaffen.


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